Innenpolitische Entwicklungen in Israel: Gesellschaft, Staat und Justiz 

Wann

7. Oktober 2025    
10:15 – 11:45

Wo

Seminarraum 318, CZS 3
Carl-Zeiß-Straße 3, Jena, 07743

Veranstaltungstyp

Israel wird in Deutschland nicht erst seit dem Terrorangriff der islamistischen Hamas am 7. Oktober 2023 überwiegend im Kontext des israelisch-palästinensischen Konflikts verhandelt. Doch spätestens seit dem Überfall der Hamas zeigt sich, wie sehr die Wahrnehmung des Landes in der deutschen Öffentlichkeit durch Projektion, Vereinfachung oder Unkenntnis geprägt ist. Dabei geraten die komplexen innenpolitischen Strukturen und gesellschaftlichen Entwicklungen häufig in den Hintergrund. Der folgende Vortrag widmet sich daher der innenpolitischen Architektur Israels, ihren stabilisierenden Elementen, ihren aktuellen Herausforderungen und den sozialen und politischen Spannungen, die sich in den letzten Jahren, insbesondere seit der sogenannten Justizreform 2023 und dem Krieg gegen die Hamas, weiter verschärft haben. Das politische System Israels konnte sich über mehr als sieben Jahrzehnte hinweg trotz intensiver äußerer Bedrohungen und innerer Spannungen behaupten. Vier zentrale Faktoren trugen zur Stabilität der israelischen Demokratie bei: Erstens ein kulturelles Fundament, getragen von einer weit verbreiteten nationalen Kohärenz und jüdischer Solidarität. Zweitens eine soziale Struktur, in der sich verschiedene Konfliktlinien überlagern und dadurch extreme Polarisierungen abfedern. Drittens externe wirtschaftliche Unterstützung, die es dem Staat ermöglichte, Ressourcen bereitzustellen, ohne vollständig auf die eigene Gesellschaft angewiesen zu sein. Und viertens eine politische Elite mit einer Tendenz zur Selbstdisziplin im Sinne des nationalen Interesses, die ideologische Auseinandersetzungen innerhalb ihrer Reihen weitgehend vermied. Diese Kombination ermöglichte Israel in der Vergangenheit eine bemerkenswerte Resilienz, trotz Massenmigration, ökonomischer Krisen, tiefgreifender gesellschaftlicher Spaltungen und fortwährender militärischer Auseinandersetzungen mit den arabischen Staaten, dem iranischen Regime und den palästinensischen Akteuren. So entwickelte sich eine politische Kultur, die auf pragmatische Verständigung zwischen sozialen Gruppen und Parteien setzte, selbst unter Inkaufnahme von Zielkonflikten. Diese Verständigungsbereitschaft gerät jedoch zunehmend unter Druck. Die geplante Justizreform der Regierung unter Benjamin Netanyahu im Jahr 2023 rief massive gesellschaftliche Proteste hervor und offenbarte die Tiefe der sozialen sowie politischen Brüche im Land. Der Krieg gegen die Hamas seit Oktober 2023 hat diese Dynamik zusätzlich verschärft. Mit Blick auf das Jahr 2025 steht Israel nun vor der Frage, ob seine bisherigen politischen und gesellschaftlichen Kompromissmechanismen auch zukünftigen Belastungen standhalten können. Der Vortrag nimmt diese Entwicklungen zum Anlass, die innenpolitischen Dynamiken Israels genauer zu betrachten. die Sozialstruktur des multiethnischen Landes und deren politische Konsequenzen, die Vorgeschichte der sogenannten Justizreform, die Koalitionspolitik mit Teils rechtsextremen Parteien der vergangenen Jahre, die Wehrpflicht als zentrales Element gesellschaftlicher Mobilisierung und Integration sowie das Verhältnis von Religion und Staat im Spannungsfeld eines jüdischen und demokratischen Gemeinwesens.

 

Initiative: JuFo Jena – Junges Forum der Deutsch-israelischen Gesellschaft Jena


Kommentare

Schreibe einen Kommentar